#28: Youtube verlangt Emotionen
Bernhard Michel ist Teil des Social-Media-Teams beim Schweizer Radio und Fernsehen SRF – und damit in zwei Welten zuhause. Im Fernsehen, wie wir es kennen: Linear, ästhetisch, qualitativ hochstehend, mit langen Formaten. In der Online-Welt: kurz, interaktiv, per Du mit den Usern. Den Spagat will SRF nicht um jeden Preis machen. Die Hauptplattform bleibt SRF.ch.
Mehr Reichweite dank Youtube
Aber: Auf Youtube erreicht Michels Team ein anderes Publikum und damit mehr Reichweite. Eine wichtige Erkenntnis: messen, welche Videos ein Publikum finden und auf alle anderen wieder löschen. «Es gibt nichts schlimmeres als ein zwei Jahre altes Video mit ein paar hundert Views» sagt er.
Über den Erfolg entscheide nicht immer nur die Kürze der Clipps, auch längere Videos sind beliebt. Kontroversen beispielsweise sind spannend, aber auch Dokus zu Jugend-Themen sind oft erfolgreich bei Youtube, wie beispielsweise «Salome – ein Kind wird Mutter»
Web-First-Inhalte kommen
Videos primär für Youtube zu produzieren – nebst der Bewirtschaftung von SRF.ch mit TV-Inhalten – stehe zur Zeit nicht zur Diskussion. Wohl gebe es aber Sendungen und Formate, die damit beginnen, «Web-First-Inhalte» zu produzieren. Wir sind gespannt, wie diese Entwicklung weiter geht.
Mit Beatbox-Clipps gross geworden: Swissbeatbox.com
Andreas Fraefel (@pepouniSBX) hat Beatbox-Videos ins Web geladen, bevor es Youtube gab. 2009 kam der Durchbruch: Seine Videos erreichten plötzlich 200-300 Clicks pro Tag. Heute ist Swissbeatbox.com international bekannt und zählt 80’000-90’000 Clicks pro Tag.
Pro Woche erscheinen 5-7 neue Videos, 3-4 davon sind selber gedreht, der Rest zugesandt. Das Konzept ist unbescheiden und wohl deshalb so erfolgreich: die besten Beatboxer weltweit zeigen.
Guter Inhalt reicht aber nicht, um bei Youtube Erfolg zu haben. Ebenso wichtig ist ein lebendiger Auftritt. Das heisst
- mit den Fans interagieren, auf ihre Fragen antworten
- den Zuschauer in den Videos direkt ansprechen
- nicht perfekt sein wollen (was die Ästhetik anbelangt), aber täglich neue Videos posten
- Nischen bedienen, aber auch Mainstream bieten für die Bekanntheit
Wer das im Griff hat, kann mit Youtube Geld verdienen. Bei Swissbeatbox liege die Spannweite zwischen «einem Rappen und einer Million». Die Kommentare dazu aus dem Twitter-Publikum:
Youtube: Social Media in Hochkonzentrat
Zusammengefasst liesse sich sagen: Youtube ist Social Media in Hochkonzentrat. Es erfordert volles Engagement, ungeschminkte Bilder und eine direkte Sprache.
Wer dies kann, erreicht ein Millionenpublikum. Das wichtigste «Aber» aus strategischer Sicht: Nicht jeder Click ist für das Geschäft auch ein wertvoller. Wer sich daran wagt, sollte zuerst wissen, wen er damit erreichen will.